DIE GESCHICHTE DER LANGHANTEL - BATOUSAI
Der menschliche Körper ist ein ganzheitliches System
Man muss sich die Kraft so aneignen, wie man sie später auch zu nutzen gedenkt
Überdies sind Langhanteln sehr kostengünstig

Training zur Kraftsteigerung ist so alt wie die Zivilisation selbst. Die antike Legende über den griechischen Athleten Milon zeigt, wie alt das Interesse an körperlicher Entwicklung und an den dafür verantwortlichen Prozessen ist. Es heißt, Milon habe täglich ein Kalb gestemmt und als das Kalb größer wurde, wuchs auch Milons Kraft. Dass sich Kraft progressiv entwickelt, war also schon vor Tausenden von Jahren bekannt, aber erst vor (auf die Menschheitsgeschichte bezogen) vergleichsweise kurzer Zeit fand der technische Fortschritt eine Antwort auf die Frage, wie sich ein progressives Widerstandstraining am besten umsetzen lässt. Zu den ersten Geräten, die zu diesem Zweck entwickelt wurden, zählte die Langhantel, ein langer Metallstab, an dessen beiden Enden sich ein Gewicht befand. Die ersten Langhanteln waren mit Kugeln versehen, die man nach Bedarf mit Sand oder Kies füllen konnte. David Willoughbys hervorragendes Buch The Super Athletes (A. S. Barnes and Co., 1970) beschreibt die Geschichte des Gewichthebens sowie die Ausrüstung, die diesen Sport erst möglich machte. Willoughby konnte aber nicht ahnen, dass sich Mitte der 1970er die Ereignisse überschlagen würden. Ein gewisser Arthur Jones erfand ein Gerät, das das Krafttraining revolutionierte. Leider sind nicht alle Revolutionen uneingeschränkt produktiv. Seine Nautilus-Maschinen nutzten das »Prinzip des variablen Widerstands«, demzufolge sich die Kraftkurve während der Bewegung gegen einen Widerstand verändert – dass also ein Muskel, abhängig vom momentanen Winkel des Gelenks, unterschiedlich viel Kraft entwickeln kann. Für jedes Körperteil gab es nun eine eigens entwickelte Maschine, und die Kette, die mit dem Gewichtsblock verbunden war, wurde mit einer Umlenkrolle ausgestattet, die während der Bewegung den Widerstand veränderte, gegen den das Gelenk arbeiten musste. Die Maschinen waren darauf ausgelegt, in einer bestimmten Reihenfolge benutzt zu werden, eine nach der anderen, ohne Pause zwischen den Sätzen, da jeweils ein anderes Körperteil trainiert wurde. Der (unter wirtschaftlichen Überlegungen durchaus gerechtfertigte) Grundgedanke war, dass man ein umfassendes Ganzkörpertraining erhalten konnte, sofern genügend Maschinen vorhanden waren, die einen Zirkel ergaben – und alle ein anderes Körperteil trainierten. Diese Trainingsgeräte waren extrem hochwertig verarbeitet und optisch ansprechend gestaltet, und bald besaßen die meisten Studios den obligatorischen, sehr teuren Nautilus-Zirkel mit zwölf Stationen. Kraftmaschinen waren allerdings keineswegs etwas Neues. An den meisten Highschools gab es schon damals eine Gladiator Multi-Station von Universal, und jeder, der mit Gewichten trainierte, kannte Übungen wie das Beinstrecken und Latziehen. Der Unterschied lag im Marketing der neuen Geräte. Nautilus hob den Ganzkörpereffekt des kompletten Zirkels hervor, der zuvor nie für wichtig erachtet worden war. Uns wurden Vorher-nachher-Bilder vorgesetzt, unter anderem von Casey Viator, der angeblich nur mithilfe von Nautilus- Geräten eine stattliche Physis erzielt hatte. Was aber nicht erwähnt wurde, war, dass der gute Herr Viator ein erfahrener Bodybuilder war, der lediglich seine alte Muskelmasse wiederaufbaute, die er sich zuvor mit altbewährten Methoden antrainiert hatte. Jones ging sogar so weit zu behaupten, dass man die Kraft, die man sich mit Nautilus-Maschinen aneignete, auf komplexe Bewegungsmuster übertragen konnte, wie sie beispielsweise im olympischen Gewichtheben vorkamen, ohne die entsprechenden Übungen mit schweren Hanteln ausführen zu müssen – eine Behauptung, die allen gängigen Trainingstheorien und praktischen Erfahrungen widerspricht. Aber Nautilus war bereits so erfolgreich und hatte einen so großen Namen, dass niemand widersprach. Seither gelten die Maschinen dieses Herstellers als internationaler Standard in kommerziellen Fitnessstudios. Der Hauptgrund für diesen Siegeszug war, dass die Fitnessstudios (die damals noch »Gesundheitsclubs« hießen) mit Nautilus-Maschinen der Öffentlichkeit etwas bieten konnten, das es in dieser Form zuvor nicht gegeben hatte. Wenn vor der Erfindung von Nautilus ein Clubmitglied ein hartes Training absolvieren wollte, das sich mit der Universal-Ausrüstung nicht umsetzen ließ, dann musste er den Umgang mit Langhanteln erlernen. Das musste ihm aber jemand beibringen. Und zu diesem Zweck musste jemand den Club-Angestellten beibringen, wie man es ihm beibringt. Eine solche professionelle Fortbildung war und ist zeitaufwendig und nicht überall verfügbar. Und sie kostet entsprechend. Mit der Nautilus-Ausrüstung allerdings konnte jedermann schnell lernen, den kompletten Zirkel zu nutzen, der vordergründig ein Ganzkörper-Workout bot, ohne dass Mitarbeiter lange und umständlich geschult werden mussten. Außerdem konnte man den Zirkel in 30 Minuten durchlaufen, das heißt, man wurde schneller fertig – wodurch der Kundendurchlauf zunahm und die Einnahmen stiegen. Nautilus-Maschinen sind also dafür verantwortlich, dass Fitnessstudios heute so sind, wie sie sind.

Der Haken an der Sache war, dass das Training an Kraftmaschinen natürlich nicht wie beworben funktionierte. Es war praktisch unmöglich, mit einem solchen Zirkel Muskelmasse aufzubauen. Diejenigen, die das versuchten, plagten sich monatelang ab, ohne nennenswerte Fortschritte zu erzielen. Doch sobald sie zum Langhanteltraining wechselten, geschah etwas Seltsames: sie legten sofort an Masse zu – in einer Woche oft mehr als in der ganzen Zeit, in der sie sich an den zwölf Stationen abgemüht hatten. Isolationsübungen an Maschinen funktionieren aus demselben Grund so schlecht, aus dem das Training mit Langhanteln so gut funktioniert. Der menschliche Körper ist ein ganzheitliches System – so arbeitet er nun mal, und so möchte er auch trainiert werden. Er möchte nicht, dass man seine einzelnen Bestandteile unabhängig voneinander bewegt und trainiert, weil die Kraft, die man mit einem solchen Training erwirbt, im Alltag nicht auf dieselbe Weise angewendet wird. Man muss sich die Kraft so aneignen, wie man sie später auch zu nutzen gedenkt – in natürlichen Bewegungsmustern. Das Nervensystem kontrolliert die Muskeln, und die Beziehung zwischen diesen beiden Körpersystemen wird als »neuromuskulär« bezeichnet. Neuromuskuläre Spezifität ist eine unumstößliche Realität und Fitnessprogramme müssen diesem Prinzip genauso Rechnung tragen wie dem Gesetz der Schwerkraft. Langhanteln und die Grundübungen, die wir mit ihnen machen, sind allen anderen Trainingsgeräten, die jemals entwickelt wurden, weit überlegen. Richtig ausgeführt sind Langhantelübungen, die man über den kompletten Bewegungsumfang absolviert, der essenzielle funktionelle Ausdruck der menschlichen Skelett- und Muskelanatomie unter Belastung.

Isolationsübungen an Maschinen funktionieren aus demselben Grund so schlecht, aus dem das Training mit Langhanteln so gut funktioniert.

Die Ausführung jeder Übung wird bestimmt und limitiert durch die individuellen Bewegungsmuster eines jeden Trainierenden, die ihrerseits durch viele Faktoren wie die Länge der Gliedmaßen, Muskelform, Kraftniveau, Flexibilität und neuromuskuläre Effizienz definiert werden. Dabei ist das harmonische Zusammenspiel aller beteiligten Muskeln für jeden Menschen charakteristisch, denn sie alle leisten einen anatomisch vorgegebenen Beitrag, der sich aber von Person zu Person unterscheidet. Muskeln bewegen Knochen mittels der Gelenke und übertragen so eine bestimmte Kraft auf die Last, die es zu heben gilt. Die Art und Weise, wie diese Kraftübertragung erfolgt, hängt vom Design des Systems ab. Nutzt man das System gemäß seines vorgesehenen Designs, funktioniert es optimal, und genau diese Zielsetzung sollte ein gutes Training verfolgen. Langhanteln ermöglichen es, ein Gewicht genauso zu bewegen, wie der Körper es natürlicherweise soll, weil jeder Aspekt der Bewegung durch den Körper selbst bestimmt wird. Kraftmaschinen hingegen zwingen den Körper dazu, das Gewicht so zu bewegen, wie es das Gerät vorgibt. Dadurch werden die individuellen anatomischen edingungen des Sportlers jedoch nicht vollständig berücksichtigt. Es ist zum Beispiel völlig ausgeschlossen, dass ein Mensch ein Bewegungsmuster ausführt, bei dem er seinen Quadrizeps unabhängig von seiner ischiocruralen Muskulatur anspannt – es sei denn, er sitzt an einer Maschine, die eigens zu diesem Zweck entwickelt wurde. Eine solche Bewegung ist nicht natürlich. Die Muskeln der rschenkelvorder- und -rückseite wirken immer im Verbund, und zwar gleichzeitig, um das Knie von beiden Seiten her zu stabilisieren. Warum sollte man sie getrennt bewegen, wenn sie doch immer zusammenarbeiten? Weil jemand eine Maschine erfunden hat, mit der das möglich ist? Selbst Geräte, bei denen man mehrere Gelenke gleichzeitig bewegen kann, sind suboptimal, weil das Bewegungsmuster durch die technischen Abmessungen vorgegeben ist und nicht durch die individuelle Biomechanik des Menschen, der es benutzt.

Langhanteln ermöglichen es, ein Gewicht genauso zu bewegen, wie der Körper es natürlicherweise soll…

Langhanteln hingegen gestatten während der Bewegung die kleinen Anpassungen, die den individuellen anthropometrischen Werten jedes einzelnen Trainierenden Rechnung tragen. Langhanteln zwingen den Sportler außerdem dazu, verschiedenste kleine Anpassungen vorzunehmen, die notwendig sind, um während der Übungsausführung die Kontrolle über die Hantel zu behalten. Diesen Aspekt darf man nicht unterschätzen: Die Kontrolle über die Hantel sowie die Balance und Koordination, die sie dem Trainierenden abverlangt, sind ausschließlich dieser Trainingsweise zu eigen und können mit Kraftmaschinen nicht simuliert werden. Denn um die Kontrolle über die frei bewegliche Last zu behalten, muss über den gesamten Bewegungsablauf hinweg eine erhebliche Anzahl unterstützender Muskeln zusätzlich aktiviert werden – was bei einer Kraftmaschine nicht der Fall ist. Es gibt noch andere Vorteile. Alle Übungen, die in diesem Blog beschrieben werden, stellen eine Belastung für unser Skelett dar. Die Knochen spielen für uns eine wichtige Rolle, weil sie es schließlich sind, die das Gewicht der Hantel tragen. Knochen sind lebendes Gewebe, das auf Belastung reagiert, so wie Muskeln, Bändern, Sehnen, Haut, Nerven und Gehirnzellen. Sie passen sich wie jedes andere Gewebe an und werden dichter und fester, wenn sie einem schwereren Gewicht ausgesetzt werden. Dieser Aspekt des Langhanteltrainings ist vor allem für ältere Semester und Frauen wichtig, deren Knochendichte eine zentrale Rolle für die Erhaltung der Gesundheit spielt. Überdies sind Langhanteln sehr kostengünstig. Für den Preis eines Zirkels aus Kraftstationen können problemlos fünf oder sechs hochfunktionelle Krafträume – in denen sich Hunderte von Übungen ausführen lassen – eingerichtet werden, ganz gleich von welchem Hersteller. Und selbst wenn der Preis keine Rolle spielt, zweckmäßig sollte die Ausstattung auf jeden Fall sein. Für ein kommerzielles Fitnessstudio ist die Anzahl der Kunden, die dort gleichzeitig trainieren können, eventuell ein wichtiges Kriterium dafür, welche Art von Ausrüstung angeschafft wird. Es liegt auf der Hand, dass an einem Maschinenzirkel maximal zwölf Personen gleichzeitig trainieren können, während es in fünf oder sechs Krafträumen mit einer gut sortierten Auswahl an Hanteln erheblich mehr sind. Der einzige Haken am Langhanteltraining ist, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen, die es versuchen möchten, nicht weiß, wie es korrekt ausgeführt wird. Das ist ein ernstes Problem, sodass es durchaus berechtigt ist, jemandem das Langhanteltraining auszureden, wenn er davon keine oder wenig Ahnung hat.

Aktualisiert: Veröffentlicht:

2 Kommentare

Visa
anhhsvhrm
nhhsvhrm http://www.gppvd7e8n643897xwe15vy4q62x424dws.org/
[url=http://www.gppvd7e8n643897xwe15vy4q62x424dws.org/]unhhsvhrm[/url]

nhhsvhrm

Visa
[url=http://www.g9oa7c2u8r21o60jc683uz0ard8851vos.org/]ujehwoxpfh[/url]
jehwoxpfh http://www.g9oa7c2u8r21o60jc683uz0ard8851vos.org/
ajehwoxpfh

jehwoxpfh

Hinterlasse einen Kommentar